Hannes Oevermann aus Vechta-Langförden reiste im Juli 2019 für ein Austauschjahr im Rahmen des Parlamentarischen Partnerschaftsprogramms in die USA. Die Bundestagsabgeordnete Silvia Breher begleitete dieses Programm als seine Patin. Über seine Zeit und Erlebnisse in den USA berichtet er hier:
„Von dem Moment an, als ich das erste Mal am Haus meiner Gastfamilie angekommen bin, hatte ich das Gefühl, zuhause zu sein. Das Schulleben hier ist zwar komplett anders als in Deutschland, aber es hat durchaus etwas Positives, mal aus dem gewohnten Trott rauszukommen. Da ich schon vor Beginn des eigentlichen Schuljahres Teil des Fußballteams geworden bin, war es für mich relativ einfach, Anschluss zu finden.
Das erste Halbjahr habe ich erfolgreich abgeschlossen und belegte anschließend weitere Kurse, u.a. einen Kurs in angewandtem Recht. Zusammen mit meinem Gastbruder Collin besuchte ich dafür eine Einrichtung namens CASA (Center for Advanced Studies and the Arts). Dabei handelt es sich um ein ehemaliges Grundschulgebäude, in dem nun Schüler aus 7 verschiedenen Schuldistrikten Kurse belegen können, die an ihrer Schule wegen mangelnder Schülerzahl nicht angeboten werden können. Die Kurse dort (ich belege einen in Mythologie und einen über die Auswirkungen von Technologie auf die Menschheit) erinnern weniger an Schulklassen als an Kurse an einem Community College.
Am 16. November hat meine Gastfamilie mir dann ein Erlebnis der ganz besonderen Art ermöglicht. Zusammen sind wir zum College-Football-Derby Michigan vs. Michigan State ins zweitgrößte Stadion der Welt („The Big House“) gefahren. Rund 111000 Fans haben ihre Teams (bei knapp -2°C) angefeuert und ein hochklassiges Spiel gesehen.
Auch durfte ich als Teil des PPP nach Washington reisen. Zusammen mit 92 anderen Stipendiaten (35 davon auch aus Michigan) habe ich die Hauptstadt der Vereinigten Staaten erkundet und in Workshops über soziales Engagement und Leadership-Fähigkeiten gesprochen und diskutiert. An einem Tag war für alle „Capitol Hill Day“, an dem wir uns mit Senatoren und Repräsentanten (oder deren Mitarbeitern) getroffen haben. So konnten wir einen Eindruck davon bekommen, wie die Arbeit im US-Kongress abläuft. Zufälligerweise haben wir dann noch ein Kamerateam vom ZDF mit Washington-Korrespondent Elmar Theveßen getroffen und eine kurze Diskussion über das Impeachment-Verfahren und die Auswirkung im kommenden Präsidentschafts-Wahlkampf gesprochen und konnten dann noch eine Live-Schalte ins Studio erleben. Am Abend stand dann mit einem Besuch des NBA-Spiels Washington gegen San Antonio ein „kulturelles“ Erlebnis auf dem Programm.
Ein großes Erlebnis war natürlich auch mein erstes amerikanisches Weihnachten und Silvester. Die Vorweihnachtszeit war weniger besinnlich als man es von zuhause her kennt, aber wir haben trotzdem noch die Zeit gefunden, einer deutschen Tradition nachzugehen. Gut zwei Wochen vor Weihnachten haben wir gemeinsam Mehlbolzen nach dem Rezept meiner Großmutter gebacken. Für meine Gastfamilie zwar neu, aber sie haben ihnen gut geschmeckt. Der eigentliche Weihnachtsmorgen war überhäuft mit Geschenken. Neben ein paar kleineren Geschenken habe ich meine Gastfamilie dann zu einem Eishockeyspiel der Detroit Red Wings gegen die Pittsburgh Penguins eingeladen. Silvester hier ist mit den Silvesterpartys in Deutschland nicht zu vergleichen. Es war ein mehr formeller Abend, den wir mit befreundeten Familien verbracht haben und uns die Zeit mit Schrott-Wichteln vertrieben haben.
Vom 13. bis 22. Februar, über die sogenannte Mid-Winter-Break, sind meine Gastfamilie und ich nach Arizona geflogen, wo wir eine unglaublich schöne Zeit mit der Familie meines Gastvaters verbracht haben. Bei gut 27°C im Schatten haben wir diverse Wanderungen im nahegelegenen Naturschutzgebiet unternommen, haben ein Baseballspiel während des Spring-Trainings (Trainingslager vor dem Saisonbeginn) verfolgt, ich habe mir einen netten Sonnenbrand geholt oder wir haben der Schwester meines Gastvaters zugesehen, wie sie Pickleball (eine Mischung aus Tennis und Squash) gespielt hat. Das absolute Highlight war jedoch ein Besuch am Südrand des Grand Canyon. Solange man nicht selbst dort gewesen ist, hat man keine richtige Vorstellung davon, wie unglaublich schön und atemberaubend diese Landschaft ist. Ich war für mindestens 5 Minuten komplett sprachlos.
Nun wurde das diesjährige PPP aufgrund des Coronavirus und seiner rapiden globalen Verbreitung abgebrochen. Ich bin nun seit etwas über einer Woche wieder zurück in Deutschland.
Insgesamt waren die Monate unfassbar toll, ich hatte eine wunderbare Zeit, nicht zuletzt dank meiner tollen Gastfamilie.
An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal bei Ihnen für diese unglaubliche Chance bedanken. Diese Erfahrungen konnte ich nur dank Ihnen machen.
Hannes Oevermann“