Schärfere Strafen für Tierquälerei aus dem Tierschutzgesetz ins Strafgesetzbuch zu verlagern, ist nicht nur rechtlich falsch. Dazu sprach Silvia Breher MdB im Deutschen Bundestag.
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Nach diesen Worten möchte ich zunächst mal Danke sagen und meinen Respekt allen Landwirtinnen und Landwirten aussprechen, die im Stall und auf dem Acker jeden Tag für unsere Lebensmittel arbeiten, und das mit höchster Qualität und nach höchsten Standards. Frau Künast, Sie können es einfach nicht lassen. Tierschutz ist nicht teilbar! Sie aber teilen ihn immer und immer wieder. Sie müssen differenzieren, statt Keile zu treiben. In Ihrer Begründung führen Sie aus: Die landwirtschaftliche Tierhaltung und die gewerbliche Tierhaltung, unsere Bäuerinnen und Bauern sind uns allesamt gleich viel wert, egal ob sie viel oder wenig Fläche haben und ob sie Tiere halten; sie alle verdienen unseren Respekt. Sie wollen jetzt § 17 des Tierschutzgesetzes in das Strafgesetzbuch überführen. Nach Ihren Ausführungen habe ich ja gedacht, Sie wollen die Strafverschärfung nur für die landwirtschaftliche Tierhaltung und die gewerblichen Tierhalter. Und wissen Sie was? Ich denke das immer noch. Wenn ich aber Ihren Gesetzentwurf lese, zeigt sich etwas anderes: In der Begründung steht nämlich drin, dass das selbstverständlich für alle Bürgerinnen und Bürger gilt. – Natürlich gilt das Strafgesetzbuch für alle Bürgerinnen und Bürger. Darüber sollten Sie vielleicht noch mal ganz kurz nachdenken und es klarstellen.
Sie wollen jetzt erstens § 17 des Tierschutzgesetzes in § 141 Absatz 1 des Strafgesetzbuches überführen. Zunächst einmal ist es rechtssystematisch schlichtweg falsch, Spezialrecht in die Grundnormen zurückzuholen. Ich frage mich aber, warum Sie es wollen. Jetzt habe ich Ihren Gesetzentwurf hier und lese Ihre Begründung bzw. Ihre Problembeschreibung. Es stimmt: Wir haben in der gewerblichen und in der landwirtschaftlichen Tierhaltung ein Problem, und zwar im Vollzug. Wir haben Kontrolldefizite, Vollzugsdefizite. Sie versuchen nicht mal, sich dem Problem zu nähern. Sie versuchen es nicht mal im Ansatz. Sie haben keine Idee, keinen Lösungsvorschlag und ich sage Ihnen auch, warum: weil es Ländersache ist. Der Vollzug ist Ländersache. An dieser Stelle muss ich mal sagen, liebe Grünen: Sie werden Ihrem eigenen Anspruch nicht gerecht. Ich habe einen Ausdruck von Ihrer Internetseite. Da steht: Wir wollen das Strafrecht ausschließlich zu seinen eigentlichen Zwecken einsetzen: Strafrecht als schärfster Eingriff des Staates in die Freiheitsrechte darf nur letztes, nicht erstes Mittel der Politik sein. Vielleicht denken Sie mal ganz kurz nach und werden Ihrem eigenen Anspruch gerecht. Sie, Frau Künast, wünschen sich zweitens Strafverschärfungen und in § 141 Absatz 2 dann entsprechend für Tierhalter, Tierbetreuer und Amtsträger eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren und Geldstrafen. Unabhängig davon, dass Sie dann Tierquälerei der Körperverletzung gleichstellen, denke ich tatsächlich, dass es Ihnen nicht um die Sache geht. Es ist eine Abrechnung. Es ist wieder eine Anklage. Es ist wieder eine Anklage der landwirtschaftlichen Tierhaltung.
Noch mal, Frau Künast: Sie fordern Strafverschärfungen. Jetzt messen Sie sich mal an Ihren eigenen Worten. Wir haben in dieser Woche hier im Haus Strafverschärfungen vorgenommen, und zwar für den Bereich der Kinderpornografie und des Kindesmissbrauchs. Ihre Worte, Ihre eigenen Worte, Frau Künast, als es im vergangenen Jahr darum ging, lauteten – ich zitiere Sie –: „Das reflexhafte Rufen nach mehr Strafen im Gesetzbuch hat noch kein Kind geschützt.“ Mir sind in diesem Fall die Kinder mehr wert. Sie fordern hier mehr Strafen, und an anderer Stelle lehnen Sie es ab. Überlegen Sie mal ganz kurz: Halten Sie sich an Ihre eigenen Aussagen? Wir gehen tatsächlich einen anderen Weg. Wir haben einen Entschließungsantrag eingebracht, und die Agrarministerkonferenz folgt dem. Wir wollen nämlich die Kontrollen vor Ort verbessern. Wir wollen die Länder in ihren Zuständigkeiten bestärken, damit wir tatsächlich zu besseren Kontrollen kommen. Und warum machen wir das? Aus einem komplett anderen Grund als dem, aus dem Sie es machen. Schauen Sie in Ihren Gesetzentwurf; da steht der entscheidende Grund. In Satz 2 der Problemdarstellung steht: Die Recherchen investigativer Journalisten und Tierschutzorganisationen nehmen wir zum Anlass – sozusagen als Kronzeugen – für eine Strafverschärfung. Wir versuchen, die Kontrollen zu verbessern und die Vollzugs- und Kontrolldefizite zu beseitigen, um genau dem, nämlich Einbrüchen und Hausfriedensbruch von Tierrechtsaktivisten, die Grundlage zu entziehen. Ihren Gesetzentwurf lehnen wir ab.