Guten Morgen, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin Paus, wir haben in den vergangenen zwei Wochen diese Zahlen so oft gehört. Es gab betroffene Worte und betroffene Gesichter. Mit Respekt vor den betroffenen Frauen möchte ich einmal über die politische Verantwortung auch in diesem Haus sprechen. Ich habe die Reden und die vielen Pressestatements der Ministerin in den vergangenen Tagen und Wochen sehr genau verfolgt. Den runden Tisch, von dem Sie immer gesprochen haben, haben wir in der letzten Legislatur eingesetzt, und wir haben nicht nichts getan. An die Hinweise der letzten Legislatur kann ich mich sehr gut erinnern, was alles angeblich nicht passiert ist. Wir haben ein Investitionsprogramm auf den Weg gebracht. Es ist, Frau Ministerin, nicht Ihre Förderung, wie Sie das so oft gesagt haben, sondern sie stammt aus den Jahren 2020 bis 2024. Ihre Entscheidung war es, nicht mehr Mittel zur Verfügung zu stellen; denn es gibt einen Aufnahmestopp schon seit Anfang des vergangenen Jahres. Der Auftrag des runden Tisches, eine Gesamtfinanzierung von Bund, Ländern und Kommunen auf den Weg zu bringen, besteht auch schon seit 2021.
Frau Ministerin, in diesem Haus – wir haben es gerade auch gehört – gibt es viele Kolleginnen und Kollegen, denen dieses Thema ein echtes Herzensanliegen ist, mich eingeschlossen. Aber Sie haben dieses Thema leider erst mit dem Ampel-Aus für sich entdeckt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das gehört zur Wahrheit dazu – da können Sie ruhig schreien -: Ihre Bilanz aus drei Jahren ist null, einfach nur null.
Sie haben keine Investitions- und Präventionsmaßnahmen auf den Weg gebracht. Sie haben nicht einmal den Versuch unternommen, Neuregelungen des Umgangs- und Sorgerechts in gewaltbetroffenen Partnerschaften auf den Weg zu bringen. Als das Investitionsprogramm leerlief Anfang letzten Jahres, gab es nicht einmal den Versuch, mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung gab es eine Bundesratsinitiative aus Hessen im Sommer dieses Jahres; auf Antrag der Grünen ist dieses Verfahren im Bundesrat gestoppt worden. Es ist erst jetzt im Rechtsausschuss durchgegangen. Wir haben jetzt ein Gesamtkonzept zum Schutz von Frauen vorgelegt, nachdem in den letzten drei Jahren einfach nichts passiert ist.
Zurück zum vorliegenden Gewalthilfegesetz. Daran hat die Ministerin offensichtlich selber nicht geglaubt; denn als die Ampel gescheitert ist, hat sie das Gesetzgebungsverfahren gerade nicht gestartet. Sie hat den Gesetzentwurf den Ländern und Kommunen sowie den Beteiligten des runden Tisches zur Kenntnisnahme übersandt mit den Worten: „Wird leider nichts mehr in dieser Legislatur“. Dann, zwei Wochen später – zwei Wochen Zeit verschenkt! -, findet doch die Anhörung der Verbände und Länder statt, Frist: keine 48 Stunden.
Sie können sich denken, was in den Stellungnahmen steht- einige kenne ich -: Es tut uns leid, aber eine vertiefte Stellungnahme ist in der kurzen Zeit nicht möglich.
Und jetzt sind sich plötzlich alle einig. Ich finde es ja super, dass Sie bestimmte Sätze aus unserem Antrag zum Teil kopiert haben. Ich bin komplett Ihrer Meinung; es ist unser Antrag.
Aber wenn Sie doch alle einer Meinung sind, warum haben Sie diesen Gesetzentwurf dann nicht vor einem Jahr vorgelegt? Das wäre richtig gewesen.
Dann hätten wir ein geregeltes Verfahren mit einer ordentlichen Anhörung gehabt. Wir hätten ein umfassendes Konzept umsetzen können.
Und vor allen Dingen hätte es die Möglichkeit gegeben, eine Einigung mit den Ländern zu erzielen. Frau Ministerin Paus, Sie fordern uns in jedem Interview – so auch jetzt wieder – auf, dem Gesetzentwurf doch einfach zuzustimmen. Zunächst einmal ist es Ihre Aufgabe, Ihre Hausaufgaben zu machen und die Länder ins Boot zu holen.
Die Länder haben Sie nämlich nicht an Ihrer Seite. Es reicht eben nicht, Frau Ministerin, zu sagen – so wie gestern -: „Die saßen doch zwei Jahre mit am Tisch.“ Das ist keine Einigung.
Der Inhalt des Gesetzentwurfes reicht uns nicht. Wir brauchen mehr. Wir brauchen ein Gesamtkonzept, so wie es jetzt alle Fraktionen – bis auf die Grünen – vorgelegt haben. Dieser Gesetzentwurf stimmt in Teilen; da sind wir einer Meinung. Es ließen sich sicher auch Lösungen finden für einige Punkte, wo wir unterschiedlicher Meinung sind, wenn Sie es wirklich wollen würden.
Aber danach handeln Sie, Frau Ministerin, leider bislang nicht. Sie haben wertvolle Zeit verschenkt – ganze zwei Wochen -, weil Sie das Anhörungsverfahren gar nicht erst gestartet haben.
Und dann frage ich mich: Warum bekommen wir die Stellungnahmen nicht? – Die Bundesländer haben 16 Stellungnahmen abgegeben – das vermute ich -, ich kenne aber nur die aus Bayern. Die anderen 15 Stellungnahmen
bekommen wir selbst über die unionsgeführten Bundesländer nicht,
weil in den jeweiligen Ressorts gemauert wird.
Wir kennen auch viele andere Stellungnahmen nicht. Einige kriegen wir – die großen -, die meisten aber nicht.
Ich möchte Ihnen einfach sagen: Wenn Sie das wirklich wollen würden, dann wäre Transparenz angezeigt gewesen. Dann wäre es an der Zeit, die Karten auf den Tisch zu legen,
Ihre Hausaufgaben zu machen, die Länder ins Boot zu holen und uns nicht den Schwarzen Peter zuzuschieben.
Wenn dieses Gesetz nicht zustande kommt, dann liegt das ausschließlich an Ihnen.