Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Frau Ministerin Paus, es ist Ihr erster Haushalt für das BMFSFJ, den Sie hier vorlegen. Ihr Haushalt wächst; das ist auch gut, wichtig und richtig so. Er wächst aber vor allen Dingen auf durch die gesetzlichen Leistungen, die gesetzlichen Ansprüche, die bestehen.
Sie selber haben eben darauf verwiesen, dass das Kindergeld angehoben wird. Das Kindergeld ist bis auf ganz wenige Ausnahmen überhaupt nicht in Ihrem Haushalt verankert. Wenn Sie schon darauf hinweisen, dass es um 18 Euro für jedes Kind erhöht wird, dann würde ich sagen: Vielleicht sprechen wir noch einmal über das dritte Kind, über das vierte Kind und über das fünfte Kind, für die es nämlich diese 18 Euro nicht geben wird; denn das Kindergeld wird nur für das erste und zweite Kind angehoben.
Mehrkindfamilien in diesem Land gehen hier leider leer aus.
In Ihrem Haushalt sollte einfach noch viel mehr stecken; denn es ist der Haushalt des Familienministeriums, und die Herausforderungen für Familien sind riesig. Sie, Frau Ministerin, haben in Ihrer ersten Rede Ende April gesagt, wie wichtig Ihnen Chancengleichheit für Kinder ist. Ich zitiere aus Ihrer Rede:
Ich finde mich nicht damit ab, dass Menschen mit Ihren Talenten und Fähigkeiten auf der Strecke bleiben, nur weil sie benachteiligt sind …
Ich finde es wirklich schade, dass Sie genau hier die Unterstützung Ihrer Koalition scheinbar nicht haben. In Ihrem Koalitionsvertrag hatten Sie noch etwas ganz anderes verabredet, und genau daran wollen wir Sie messen.
Ihr Haushalt versagt im Bereich der frühkindlichen Bildung völlig, gerade wenn es um Chancengleichheit geht. Sie haben im Koalitionsvertrag versprochen: Wir wollen „das Programm ‚Sprach-Kitas‘ weiterentwickeln und verstetigen“.
Verstetigen – Ausrufezeichen! Ihre Politik: Sie streichen dieses Bundesprogramm „Sprach-Kitas“.
Dieses Programm gibt es jetzt seit zwölf Jahren. Es ist bundesweit erfolgreich mit über 7 500 Fachkräften, die gerade die benachteiligten, die schwächeren Kinder beim Spracherwerb unterstützen. Es sind Netzwerke entstanden. Erzieherinnen und Erzieher werden weitergebildet und die Einrichtungen weiterentwickelt. Sprache ist die Grundlage für alles. Sprache ist die Grundlage für Chancen von Kindern, egal ob sie benachteiligt sind oder nicht. Und genau das beenden Sie.
Ihre Staatssekretärin hat auf unsere Frage gesagt: Wir übergeben die entstandenen und erprobten Strukturen und Ansätze in die Verantwortung der Länder. – Nein, Sie zerstören diese Strukturen.
Sie verweisen auf das Qualitätsgesetz, das da kommen mag. Aber wir haben schon jetzt das Gute-KiTa-Gesetz, ausgestattet mit 2 Milliarden Euro pro Jahr. Diese Mittel erhöhen Sie gerade nicht. Für die Sprach-Kitas gab es in diesem Jahr 248 Millionen Euro. Diese Mittel stellen Sie den Ländern nicht zusätzlich zur Verfügung.
Und es gibt keine Absprache mit den Ländern, keine Verabredungen, wie das denn bitte zum 1. Januar 2023 umgesetzt werden soll. Laut Ihrem Haushalt gibt es ab 1. Januar keine 7 500 Fachkräfte mehr.
Der Finanzminister sagt dazu: Es wird keine Verschlechterungen in den Einrichtungen geben. – Sagen Sie das mal den Leitern der Einrichtungen,
deren Mitarbeiter jetzt schon gekündigt haben, weil sie ab dem 1. Januar keinen Vertrag mehr haben! Sagen Sie das den Leitern dieser Einrichtungen, wo die Fachkräfte nicht wissen, was ab dem 1. Januar passiert, die aber jeden Tag in ihrer Kita Kinder haben, die Hilfe brauchen, die genau diese Sprachförderung brauchen. Das werden sie mit den Mitarbeitenden, die sie jetzt haben, einfach nicht leisten können.
Der Kollege von Malottki von der SPD sagt dazu: Der Finanzminister täuscht Fachkräfte und Eltern. – Das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, SPD-regiert, kündigt eine Bundesratsinitiative dazu an.
Hören Sie endlich auf, zu streiten! Halten Sie sich einfach nur an Ihre eigenen Zusagen aus dem Koalitionsvertrag, und setzen Sie das Programm fort!
Sie streichen ja nicht nur dieses Programm.
Das Bundesprogramm „Fachkräfteoffensive Erzieherinnen und Erzieher“ wird ebenfalls eingestellt. Zugesagt im Koalitionsvertrag war ein Investitionsprogramm zum weiteren Ausbau von Kitaplätzen. Das gibt es in Ihrem Haushalt nicht. Die Frühen Hilfen wollten Sie laut Koalitionsvertrag dynamisieren – was auch immer das heißt. Das Programm schrumpft auf das Volumen von vor drei Jahren zurück, nämlich auf nur noch 51 Millionen Euro, und das noch ohne Inflationsausgleich und Lohnmehrkosten.
Das alles sind Versprechen aus Ihrem eigenen Koalitionsvertrag, und diese halten Sie nicht ein.
Wir, aber nicht nur wir, sondern auch die Bürgerinnen und Bürger, die Kinder und Familien in diesem Land, erinnern Sie einfach nur an Ihre eigenen Zusagen, die Zusagen der sogenannten Zukunftskoalition. Für die Zukunft der Schwächeren, der Kinder in diesem Land, ist da leider nicht viel drin. Wir werden da erhebliche Nachbesserungen einfordern und freuen uns auf die Beratungen.
Vielen Dank.