Silvia Breher (CDU/CSU):
Guten Abend, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Es geht um einen Gesetzentwurf des Bundesrates, übrigens schon aus dem Jahr 2022. Das zu ändernde Gesetz heißt etwas sperrig „Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz“, KKG genannt. Es geht um die Frühen Hilfen und um deren Finanzierung, wie wir gerade schon gehört haben.
Frühe Hilfen: Das sind die niedrigschwelligen, die freiwilligen Angebote schon für werdende Eltern und für junge Familien mit Kindern bis zum Alter von drei Jahren in besonders belastenden Situationen. Das Ziel ist, ein gesundes, ein gutes Aufwachsen der Kinder zu fördern und dies jungen Familien möglich zu machen und auch schon werdende Familien möglichst frühzeitig an Hilfsangebote und Unterstützungsangebote heranzuführen.
Die Fachkräfte beraten und begleiten die Eltern, um sie zu stärken, gute Eltern zu werden, um Beziehungsarbeit möglich zu machen, Versorgungskompetenzen zu stärken. Das richtet sich an werdende Eltern, Familien mit psychosozialen Belastungen, Eltern mit psychischen Erkrankungen, einfach an Familien in besonders belastenden Situationen, und zwar flächendeckend im ganzen Land.
Nach diesem Gesetz, dem KKG – es geht hier um die gesetzliche Grundlage -, ist die Finanzierung des ganzen Netzwerkes der Frühen Hilfen mit jährlich 51 Millionen Euro abgesichert. Aber die Bedarfe steigen. Das wissen wir, und das sehen wir. Deswegen sind in der Coronaphase aus dem Paket „Aufholen nach Corona“ in den Jahren 2021 und 2022 insgesamt 50 Millionen Euro zusätzliches Geld in die Bundesstiftung Frühe Hilfen geflossen – allein in diesen beiden Jahren!
Für die Jahre danach, 2023 und 2024, und auch für den kommenden Haushalt hat das Bundesfamilienministerium aber wieder nur die gesetzlich verankerten 51 Millionen Euro vorgeschlagen. Dank der Haushälter sind zumindest 5 Millionen Euro dazugekommen. Ich hoffe, dass wenigstens das Geld auch für das folgende Jahr zur Verfügung steht.
Aber darum geht es eigentlich gar nicht. In der Begründung des Gesetzentwurfs steht: Es geht um die gesetzliche Anhebung der Regelfinanzierung und um eine Dynamisierung. Der Bundesrat führt dafür drei Gründe an: Erstens. Die Anzahl der Kinder unter drei Jahren ist gestiegen. Zweitens: die Häufung. Wir haben einfach viel mehr Familien mit psychosozialen, mit psychischen Belastungen. Das führt zu einem höheren Bedarf. Drittens: Anstieg der Personal- und Sachkosten durch Tariferhöhungen und durch die Inflation.
Liegt der Bundesrat mit diesen Annahmen richtig? Ja, na klar. Bei der Zahl der Kinder ist die Begründung nachvollziehbar. Bei den Bedarfen sind wir uns total einig; die Kollegin Loop hat es gerade gesagt. Wir haben es auch in unserem Antrag „Prävention stärken – Kinder mit psychisch oder suchtkranken Eltern unterstützen“ gemeinsam mit den Ampelparteien dargelegt.
Genauso sieht es aber auch die Bundesfamilienministerin, die es in einem Abschlussbericht der interministeriellen Arbeitsgruppe dargelegt hat. Auch sie erklärt: Die gestiegenen Bedarfe und die gesamtgesellschaftliche Verantwortung liegen vor. – Sie sagt: Die Vorschläge dieser IMA sollen gemeinsam umgesetzt werden. – Und was schlägt die IMA vor? Eine Dynamisierung der Mittel und eine Erhöhung der Mittel für die Frühen Hilfen.
In der Stellungnahme zu diesem Gesetzentwurf des Bundesrates schreibt die Bundesregierung:
„Die Bundesregierung begrüßt das Anliegen der Länder, den präventiven Kinderschutz in Deutschland zu stärken.“
Und:
„Im Koalitionsvertrag … ist vorgesehen, die Mittel der Bundesstiftung Frühe Hilfen zu dynamisieren.“
Damit ist auch die im dritten Grund angeführte Notwendigkeit der Mittelerhöhung gegeben. 51 Millionen Euro sind gesetzlich vorgesehen. Aber das reicht einfach nicht mehr, selbst dann nicht, wenn Sie die Mittel jetzt wieder auf 56 Millionen Euro heraufsetzen. Beim Vergleich mit dem Stand von vor zehn Jahren, 2014, sind doch 56 Millionen Euro bei den gestiegenen Bedarfen nicht mehr das, was sie einmal waren. Das bedeutet im Endeffekt weniger Leistung, eine Mittelkürzung, eine Leistungskürzung, weniger Präsenz in der Fläche, weniger Hilfe für Familien, und das bei unstrittig – da sind wir uns alle einig – gestiegenem Bedarf.
Wenn es aber doch alle gleich sehen, dann darf es eben nicht darum gehen, jedes Jahr im Parlament um 5 Millionen Euro mehr zu feilschen. Dann geht es darum, die gesetzliche Grundlage neu aufzusetzen und im KKG einen höheren Mittelansatz festzuschreiben, damit Verlässlichkeit für die Finanzierung der Frühen Hilfen besteht. Jetzt ist noch die Gelegenheit, das für den kommenden Haushalt auf den Weg zu bringen. Wenn Sie diesen Weg gehen, haben Sie uns auf Ihrer Seite.
Vielen Dank.