Rede im Dt. Bundestag zur Bildungsgerechtigkeit

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Silvia Breher (CDU/CSU):

Guten Morgen, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

„Gute Startchancen für mehr Bildungsgerechtigkeit“, so lautet Ihr Antrag heute. So weit richtig beschreiben Sie, dass Bildungschancen in Deutschland ungleich verteilt sind.

Der entscheidende, aber – das nehme ich mal vorweg – falsche Satz steht auf Seite 2, und der ist heute leider schon mehrfach gefallen. Ich zitiere den mal. Da steht nämlich: Wir legen „einen besonderen Fokus auf Grundschulen, denn hier wird der Grundstein für den späteren Bildungserfolg gelegt“. Genau das ist schlicht falsch. Wenn Sie ein Haus bauen, dann können Sie nicht mit den Mauern anfangen, sondern dann kommt zuerst das Fundament.

Auf den sechs Seiten Ihres Antrags finde ich nicht ein einziges Mal den Ausdruck „frühkindliche Bildung“. Wer es aber ernst meint mit mehr Bildungsgerechtigkeit, der muss Bildung und Erziehung ganzheitlich denken, von Beginn an und nicht erst ab der Grundschule.

Wir brauchen starke frühe Hilfen für Familien von Beginn an. Dazu gehört auch, den Eltern, insbesondere den Müttern, Sprachkompetenzen zu vermitteln. Ein Schwerpunkt muss die frühkindliche Bildung sein mit guten und verlässlichen Kitas, wo bewusst Vorläuferkompetenzen vermittelt werden können. Für echte Startchancen braucht es aber auch eine frühe Sprachdiagnostik mit anschließender gezielter und verpflichtender Sprachförderung spätestens ein Jahr vor Schuleintritt.

Ein Startchancen-Programm aber, das die frühkindliche Bildung und insbesondere die Sprachkompetenz nicht in den Blick nimmt, ist von Beginn an Makulatur. Das sehen wir auch im vorliegenden Antrag und im Bundesfamilienministerium, für das die frühkindliche Bildung ein absoluter Leichtpunkt ist. Ministerin Paus ist in dieser Debatte noch nicht einmal anwesend.

Das erfolgreiche Bundesprogramm der Sprach-Kitas zum Beispiel ist beendet worden und wird nicht in allen Ländern fortgesetzt. Das ist übrigens ein Beispiel, wo eine Zusammenarbeit sinnvoll gewesen wäre. Frau Bildungsministerin Ministerin Stark-Watzinger, da Sie anwesend sind: Ein lautes Veto von Ihnen hätte an dieser Stelle folgen müssen.

Die Fachkräfteoffensive für die Erzieherinnen und Erzieher ist eingestellt.

Die Bundesprogramme „ProKindertagespflege“ und „Kita-Einstieg“ sind gestrichen.

Das Investitionsprogramm für die Schaffung von neuen Kitaplätzen, das Sie versprochen und das so dringend nötig wäre, wird es nicht geben.

Und wie es mit dem KiTa-Qualitätsgesetz ab 2025 weitergeht, ist noch völlig fraglich.

Eine erfolgreiche Bildungspolitik wird zukünftig über die Ressorts und über die Rechtskreise hinweg denken müssen. Das Bildungsministerium muss also mit dem Familienministerium zusammenarbeiten. Aber es braucht auch eine neue Kultur der Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe und Erziehungshilfe, zwischen Kita und Schule. Auf Länderebene ist das im Übrigen längst erkannt; denn die Kultusminister arbeiten mit ihren Kolleginnen und Kollegen, die die Zuständigkeit im Bereich der frühkindlichen Bildung haben, bei regelmäßigen Treffen nach vorgegebenen Strukturen eng zusammen. Hier fehlt es nicht an den Erkenntnissen, sondern schlicht an dem Willen der Bundesregierung, das Silodenken zu überwinden und über die Ressorts hinweg zusammenzuarbeiten, für echte Startchancen und Bildungsgerechtigkeit.

Danke.

Foto: Deutscher Bundestag