Meine Rede im Deutschen Bundestag zur Umsetzung der Empfehlungen des Kompetenznetzwerkes Nutztierhaltung und zur Schaffung von Zukunftsperspektiven für die Nutztierhaltung in Deutschland:
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen und habe auch lange in diesem Bereich gearbeitet, und zwar aus Überzeugung. Für mich ist die Tierhaltung in Deutschland, für mich ist die Landwirtschaft in Deutschland, für mich ist die Zukunftsperspektive der Nutztierhaltung in Deutschland ein absolutes Herzensthema.
Die Diskussion dreht sich im Kern leider schon viel zu lange im Kreis. Das mögen einige anders sehen. Aber aus meiner, aus unserer Sicht stellt es sich eben oft so dar: Die Bäuerinnen und Bauern wollen mehr Tierwohl im Stall möglich machen. Aber dann bekommen sie die Genehmigung für den Umbau nicht. Auf den Mehrkosten bleiben sie am Ende leider auch oft sitzen, weil sich ein entsprechender Preis an der Ladentheke nicht erzielen lässt, weil der Handel zwar von Montag bis Mittwoch mehr Tierwohl bewirbt, aber von Donnerstag bis Freitag bei unseren offenen Märkten mit Billigfleischangeboten die Kunden in den Laden lockt. Am Ende fordert die Gesellschaft zwar mehr Tierwohl. Aber der einzelne Verbraucher ist unter diesen Voraussetzungen leider viel zu selten bereit, den angemessenen Preis zu zahlen.
Diese Rechnung kann leider nicht aufgehen und geht ausschließlich zulasten der Landwirtschaft. Deshalb bin ich der Ministerin sehr dankbar, dass sie im vergangenen Jahr das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung eingesetzt hat. Jochen Borchert ist es mit einer großen Bandbreite an Experten gelungen – das ist wirklich bemerkenswert -, einen Konsens herzustellen und Empfehlungen für den Umbau der Tierhaltung, für einen langfristigen Transformationsprozess vorzulegen. Vielen Dank für diese wertvolle Arbeit!
Mit unserem heutigen Antrag unterstützen wir ausdrücklich und mit voller Überzeugung die Umsetzung dieser Empfehlungen, und zwar in Gänze; denn wer den Umbau der Nutztierhaltung in Deutschland will, wer eine Zukunft für die Nutztierhaltung in Deutschland will, muss die Empfehlungen der Borchert-Kommission im Ganzen umzusetzen bereit sein.
Ich habe das schon viel zu oft gehört: Ja, wir wollen mehr Tierwohl, aber das soll nicht mehr kosten. Ja, wir wollen mehr Tierwohl. Aber dafür Stallbauten? Und das Bau- und Umweltrecht wollen wir anpacken. Nein, das packen wir lieber nicht an. – Aber das Herauspicken von Rosinen – nur das Tierwohl nehmen und die Landwirte mit dem Rest alleine lassen – funktioniert einfach nicht. Wer Borchert will, muss auch Ja sagen zu den notwendigen Veränderungen und muss die Voraussetzungen dafür schaffen.
Mit unserem Antrag fordern wir nun die Bundesregierung auf, noch in dieser Legislaturperiode, also jetzt, eine Umsetzungsstrategie vorzulegen und auch einen Finanzierungsvorschlag zu unterbreiten. Bei den offenen Märkten ist uns ganz wichtig: Der Verbraucher soll erkennen können, woher das Fleisch in der Ladentheke stammt und wie das Tier gelebt hat. Dafür brauchen wir ein EU-weit verpflichtendes Haltungs- und Herkunftskennzeichen. Dafür wird sich die Bundesregierung während der EU-Ratspräsidentschaft einsetzen.
Lassen Sie uns nun alle gemeinsam den Empfehlungen der Borchert-Kommission folgen – ehrlich und konsequent für eine Zukunft für unsere Nutztierhaltung in Deutschland.
Vielen Dank.